Brief von H. W. Henze an G. Weil/W. Jockisch, 14. März 1960

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[Manuskript]

Liebe Butzis:

14. März.
(60)

Habe Euch lange nicht schreiben können, da oft bettlägerig und zwischendurch
arbeitsam. Euer Haus muss mezzogiorno nicht „al“ M. heissen. Casa mezzogiorno
is allright. – Habe mein Stück für Salzburg fertig*, aber es ist keineswegs heiter
und so, sondern eine wilde Sache*. Man wird wohl pfeifen, wie die Mäuse beim
alten Kafka. Pazienza. Musste inzwischen auch mal schnell nach Hamburg, wo es
viel zu tun, d. h. eleminieren, gab, schreckliche „moderne“ Ideen. Habe aber den
Kampf wohl gewonnen, bin ruhiger jetzt, etc. musste nicht nur Plexiglas-
wälder sondern auch magische rote Adler (un pó dapertutto) und noch so etzliches[sic]
abräumen. Jetzt ist alles realistsich und einfach, wie ich es wollte.*

Dass Spanien so schön war, freut mich aber sehr. Leider kenne ich es noch
gar nicht – vielleicht diesen Sommer mit Dochdoch (und neuem Alfa Romeo, so-
eben erstanden) wenn jener nicht den Federhut der Bersaglieri* inzwischen im
Winde flattern lassen muss, denn er kämpft, mit Bestechungsgeld etc. etc. um seine
“Abrüstung“, gerade sind wir im Endspurt, heute ist die Visite beim Psychiater.

Beginne jetzt, den Auden zu komponieren. Dr. Strecker ist ausser sich über
die Vorgänge in diesem Werk, er meinte u. a., nur Engländer könnten sich so
benehmen in reiner Bergluft, der deutsche Mensch niemals (es handelt sich aber
um Letzteren) – und viele andere treffliche Argumente. Habe ihm diesmal aber
sehr hart geantwortet.* Der Text ist in wunderschönen Versen geschrieben, meist

Apparat

Verantwortlichkeiten

Herausgegeben von
Irmlind Capelle
Übertragung
Irmlind Capelle

Überlieferung

  • Textzeuge: Stadtbibliothek München (D-Mst), Monacensia
    Signatur: GW 31

    Quellenbeschreibung

    • Dokumenttyp: Brief
    • Material

    • helles Papier
    • Faltung: 1mal quer auf DinA5 und dann noch einmal gut 4 cm auf Dinlang
    • Umfang

    • 1 Blatt
    • 1 beschriebene Seite
    • Abmessungen: 220x280 [mm] (HxB)
    • Layout

    • (quer beschrieben)
    • Rand: 3,5 cm; Einzug: 1 cm; Anführungszeichen oben unten.

Schreibstile

  • 1.
    Handschrift, Henze, Hans Werner, Füller (blau).
  • 2.
    Handschrift, Kugelschreiber (schwarz).

Textkonstitution

  • "(60)"in der Zeile hinzugefügt, handschriftlich, Kugelschreiber (schwarz)
  • "… 14. März. (60)"Das Datum ist von Henze auf dem Rand neben der ersten Textzeile notiert und darunter die Jahreszahl von fremder Hand nachgetragen.
  • "o""i" überschrieben mit "o"
  • "etzliches"sic
  • "… in wunderschönen Versen geschrieben, meist"Von diesem Brief ist nur die erste Seite überliefert.

Einzelstellenerläuterung

  • "… mein Stück für Salzburg fertig"Hierbei muss es sich um Antifone handeln, ein Orchesterstück, das dem Salzburger Herbert von Karajan gewidmet ist. Es erlebte seine Uraufführung am 20. Januar 1962 in Berlin.
  • "… so, sondern eine wilde Sache"Vgl. die Beschreibung in der Autobiographie, S. 195.
  • Pazienza
    • Geduld
  • un pó dapertutto
    • überall ein bisschen
  • "… einfach, wie ich es wollte."Hier beschreibt Henze Eingriffe in die Inszenierung der Uraufführung des Prinz von Homburg in Hamburg; vgl. den folgenden Brief.
  • "… nicht den Federhut der Bersaglieri"Schützen; eine Infantrietruppe des italienischen Heeres.
  • "… diesmal aber sehr hart geantwortet."Vgl. hierzu den Brief von Auden/Kallman vom 15. Juli 1960.

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        Mit freundlicher Genehmigung der Hans Werner Henze-Stiftung (Dr. Michael Kerstan).

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