Letter from H. W. Henze to P. Sacher, November 19, 1955

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Vereh rter Herr Sacher,

infatti habe ich mich mit den Angaben zu "quattro poemi" voellig geirrt.Entschul-
digen Sie bitte vielmals!Ich war fuer einige Tage in Neapel und habe im Archiv des
Conservatorio gegraben.Das einzige was aber wirklich interessant war,ist eine ciacona
von Jomelli,fuer 2 Oboen,2 Hoerner und Streicher.Dann gab es noch ein Konzert von
Pergolesi,in B dur,nur fuer Streicher,aber recht akademisch und langweilig.

    "Don Chisciote della Mancia"" ist wirklich bezaubernd.Aber eine Suite,wie ich
zuerst dachte,laesst sich nicht daraus machen,ausser wenn man 3 Saenger ,einen Tenor,
einen Sopran und einen Bass engagieren wollte.Dann allerdings waere es wunderbar.
Das Material hierzu muesste man sich vom S.Carlo ausleihen.Von dem erwaehnten Jomelli
sind nur die Stimmen da,ich wuerde selbst die Rekonstruktion der Partitur machen.

   Die streicherbesetzung[sic] in dem Nono-stueck fuer Floete und Streicher mit Schlagwerk
ist entsetzlich gross:6/6/6/6/ also da ist wohl nichts zu machen.

Nun hatte ich eine neue Idee:In Neapel gibt es einen begabten jungen Komponisten,
dem ich sehr gern helfen wuerde.Sein Name ist Francesco d’Avalos.Ich habe ihn schon ge-
fragt,und er waere sehr gluecklich,wenn Sie Ihr placet geben wuerden,das er ein Stueck
fuer Kammerorchester schriebe,und zwar eine Kammersinfonie.Ich glaube,das waere ein
schoener Gedanke,und ich waere auch sehr stolz,wenn ich es waere,der Ihnen in Person
und Werk eine[sic] der splendidsten Menschen der napoletanischen Aristokratie vorstellen
koennte. Wenn Sie ihm deswegen selbst schreiben koennen,waere es sehr schoen.Sie haben
ja immer wieder Neues entdeckt und Neuem zum Leben verholfen!Wenn Sie ihm selber schrei-
ben,so nennen Sie  ihm doch auch die genauen instrumentalen Moeglichkeiten und Limiten
des Collegium musicum.

 Ich wuerde sehr gern auch etwas Neues fuer Sie haben,aber bis zum naechsten Winter
wird es mir ganz unmoeglich sein,an eine neue Komposition zu denken.Ich arbeite jetzt
an einem Werk fuer die Marigny-Konzerte in Paris,aber es ist fuer Basel zu klein: nur
Klavier und 7 Instrumente.So ist doch wohl ihr Vorschlag mit "Rosa Silber" der beste,
auch wegen der Dauer.Die Besetzung ist 2/1/corno inglese/1/clar basse/2, 2/1/1,timpani,
percuss.fuer einen Spieler,und Streicher.Kann das gehen?

So waere also das Programm,vorausgesetzt,es gefaellt Ihnen so und Sie wollen drei Saen- -
ger verpflichten:

Jomelli Ciacona
Paisello[sic] Frammenti di Don Chisciote
....
d’Avalos Sinfonia
18’ Henze Rosa Siber[sic] 2 2 2 2  2/ 1 2 0  PK Sch Str
oder,was mir besser gefiele,das ganze im Krebs.

Wenn Sie nun die Idee mit Paisiello deplaziert faenden(im Grunde waere es viel na-
tuerlicher,ihn als Oper(mit Szene)zu geben,denn das Werk ist sehr buehnenwirksam,
wie eine Auffuehrung am Teatro di Corte durch das S.Carlo bewiesen hat*,wuerde ich Sie
bitten,verehrter Herr Sacher,selbst ein schoenes Werk aus dem Settecento mir vorzu-
schlagen.

Zwischen dem 13. und 16. Dezember bin ich in Baden-Baden.vielleicht sollte ich Sie
von dort aus anrufen,und wir wuerden ein Appuntamento machen.Ich koennte vielleicht
fuer einen Tag nach Basel kommen,und wir koennten auf’s Beste alles bereden.Oder Sie
dirigieren vielleicht gerade in Baden-Baden in jener Woche! ?Das waere das G


2.

(ein Unglueck ist passiert,ich bin Anfaenger auf der Schreibmaschine)

.......Das waere das Gluecklichste.

Ich bringe auch den Auszug vom Don Chisciote mit,sodass wir zusammen die Suite machen,
wenn Sie sie wollen.

Die Adresse von d’Avalos ist
Principe Francensco d’Avalos
Villa d’Avalos
Possilipo
Napoli



         Ich hoffe,dass Sie noch Geduld mit mir haben.Ich bin hier auf der Insel ein
bisschen arg weit aus der Welt,es ist nicht so leicht,von hier aus ein gutes Programm
zusammenzustellen,noch dazu wenn es ein schoenes Konzert werden soll,Ihrer Liebens-
wuerdigkeit und Ihres Vertrauens wuerdig!


Mit herzlichen Gruessen an Sie und Frau Sacher
Ihr ergebener
hans werner henze

Editorial

Responsibilities

Editor(s)
Irmlind Capelle
Transcription
Irmlind Capelle

Tradition

  • Text Source: Basel (Schweiz), Paul Sacher Stiftung (CH-Bps), Sammlung Paul Sacher
    Shelf mark: Korrespondenz Hans Werner Henze

    Physical Description

    • Document type: Letter
    • Material

    • helles Briefpapier
    • Faltung: 1mal quer, 1mal längs
    • Extent

    • 2 folios
    • 2 written pages
    • Dimensions: 290x229 [mm] (HxW)
    • Condition

    • gelocht, rechte Seite bestoßen und leicht eingerissen
    • Layout

    • Rand links 2,2 cm
    • sehr kleine Type, anderthalbzeilig, Einzug ungleichmässig. Ab der 20. Zeile Rand um einen Buchstaben nach rechts versetzt.
    • Keine Leerzeichen nach Satzzeichen

Writing styles

Text Constitution

  • "h""r" overtyped with "h"
  • "2""O" overtyped with "2"
  • "O""o" overtyped with "O"
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  • "eine"sic
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  • "Siber"sic
  • "2 2 2 … 0PK Sch Str"added inline, handwritten, pencil, Sacher, Paul
  • "l""n" overtyped with "l"
  • "… Baden-Baden in jener Woche! ?Das"Die drei Buchstaben "?Da" sind in der Zeile nach unten verrutscht.
  • "… Woche! ?Das waere das G"Die letzten vier Worte sind auf dem Blatt verrutscht, da das Ende des Papiers erreicht ist.
  • "2."added inline, handwritten, pen (black), Henze, Hans Werner
  • "… ?Das waere das G 2."Die Seitenzahl steht links oben in der Ecke
  • "U""u" overtyped with "U"
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        Mit freundlicher Genehmigung der Hans Werner Henze-Stiftung (Dr. Michael Kerstan).

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