Letter (with Enclosure) from H. W. Henze to P. Sacher, June 12, 1970

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La Leprara
Via del Fontanile
Marino (Roma)

Herrn
Paul Sacher
Schönenberg
CH – 4133 Pratteln BL

Lieber Paul,

vielen Dank für das Honorar, das hier rechtzeitig eintraf,
und beiliegend meine Einführung zum Bratschenkonzert .
Dein Schwager hat übrigens recht, obwohl die wörtliche Über-
setzung des Titels ein bißchen merkwürdig klingt. Wenn man aber
statt "Takte" sagen würde "Zeitmaße" und statt "in sich gekehrt"
"nach innen gerichtet", dann kommt es schon hin.

Du wirst vielleicht Schwierigkeiten haben, Boobans in Europa zu
finden. Ich habe mir für den Cimarrón einen set in New York gekauft,
aber vielleicht kann ein Schweizer Instrumentenbauer sie herstel-
len, wofür die Schlagzeuger in Basel sicherlich dankbar sein wer-
den. Das gleiche gilt wahrscheinlich für die log drums. Ich probiere
gerade mit meiner kleinen Gruppe (ein amerikanischer Neger, Bariton,
ein japanischer Schlagzeuger, ein cubanischer Gitarrist und der deut-
sche Flötist Zöller) hier bei mir*, und ich mußte sogar 13 von C – c’
gestimmte Tom-Toms bauen lassen (übrigens wurde das sehr schnell
und gut erledigt von dem Schlaginstrumentenbauer M. Grabmann,
415 Krefeld-Bockum, Niessenstraße 52) und noch viele andere Instrumen-
te, darunter Trinidad steel drums , zum Teil bauen lassen, zum Teil
in New York kaufen. Es ist merkwürdig, daß es diese Sachen in Europa
nicht gibt, wo doch so viel neue Musik gespielt wird.*

Ich hoffe, daß es Dir gesundheitlich besser geht und daß Dir der
Sommer die notwendigen Kräfte zurückgibt.

Euch beiden herzliche Grüße in freundschaftlicher Verbundenheit
hans werner

Anlage *

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La Leprara
Via del Fontanile
Marino (Roma)

Compases para preguntas ensimismadas
(Zeitmasse für nach innen gerichtete Fragen)

Compases para preguntas ensimismadas wurden im Sommer 1969 begon-
nen und im Frühjahr 1970 abgeschlossen. Der monologisierenden
Bratsche wurden kleine Gruppen von weiteren Saiteninstrumenten zu-
geordnet, außerdem ein Bläsersextett und eine Anzahl Perkussionsinstrumente.
Das Stück setzt sich aus kleinen formalen Zellen zusammen. Einige
davon sind in festen Zeitmaßen auszuführen, andere in von Sekunden-
angaben in der Dauer geregelten Notengruppen, deren rhythmische
Auslegung den Spielern überlassen ist. Im Zentrum der Komposition
steht eine Kantilene, eine lang anhaltende horizontale Linie, die
sich bis zum Ende des Stücks immer mehr Raum verschafft.

Diese Musik ist wie kleine Notizen über vorübergehende Stimmungen,
das Vibrieren der Saiten wie das Rascheln von Blättern im Nacht Wind.
Es sind Briefe, die nicht geschrieben werden konnten, weil ihr In-
halt nur noch in Klang sich mitteilen ließ, so wie der Klang die
Berührungen vollzieht, für die es keine andere Verwirklichung gab.

Marino, 12.6.1970

Editorial

Responsibilities

Editor(s)
Irmlind Capelle
Transcription
Elena Minetti; Irmlind Capelle

Tradition in 2 Text Sources

  • 1. Text Source: Basel (Schweiz), Paul Sacher Stiftung (CH-Bps), Sammlung Paul Sacher
    Shelf mark: Korrespondenz Hans Werner Henze

    Physical Description

    • Document type: Letter
    • Material

    • Helles leichtes Papier BP_Henze_03. Wasserzeichen mit Florentiner Lilie in einem Rondell.
    • Faltung: 3mal längs
    • Extent

    • 2 folios
    • 2 written pages
    • Dimensions: 297x219 [mm] (HxW)
    • Condition

    • gelocht
    • Layout

    • anderthalbzeilig, halbe Zeile Abstand nach Absatz, kein Einzug; Rand links: 3,7 cm
  • 2. Text Source: Basel (Schweiz), Paul Sacher Stiftung (CH-Bps), Sammlung Hans Werner Henze
    Shelf mark: Korrespondenz Paul Sacher

    Physical Description

    • Document type: Letter
    • Material

    • Durchschlagpapier
    • Stegabstand: 2,5 cm
    • Extent

    • 1 folio
    • 1 written page
    • Dimensions: 280x220 [mm] (HxW)
    • Condition

    • gelocht, unteres Loch etwas nach innen eingerissen

Writing styles

Text Constitution

  • "… "Dieser Absatz ist links mit kleinen Haken mit Bleistift markiert.
  • "… wirst vielleicht Schwierigkeiten haben, Boobans"Henze hat die Korrektur nachträglich handschriftlich selbst vorgenommen, in dem er einen senkrechten Strich vor "bams" setzte und einen dritten Strich am "n" ergänzte.
  • "en"added above, handwritten, felt pen/fineliner, Henze, Hans Werner
  • "… und noch viele andere Instrumen"Die beiden letzten Buchstaben sind übereinander geschrieben.
  • ","added inline, handwritten, felt pen/fineliner, Henze, Hans Werner
  • Following: handwritten, felt pen/fineliner, Henze, Hans Werner

Commentary

  • "Boobans"recte "Boo bams".
  • "… Flötist Zöller) hier bei mir"Vgl. hierzu die Autobiographie, S. 362ff.
  • "… viel neue Musik gespielt wird."Eine maschinenschriftliche Abschrift dieses Absatzes liegt der Korrespondenz in der Sammlung Paul Sacher bei.
  • "… Anlage"Vgl. hierzu die Beilage.

        XML

        Credits

        Mit freundlicher Genehmigung der Hans Werner Henze-Stiftung (Dr. Michael Kerstan).

        If you've spotted some error or inaccuracy please do not hesitate to inform us via henze-digital [@] zenmem.de.