Brief von H. W. Henze an W. Jockisch, 12. August 1950

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[Manuskript]


lieber affenschwanz,

am ende meiner tage in obb. * greife ich zur feder, um
Dich zu grüßen und zu sagen daß es wunderschön
hier war und ich sehr ungern abreise. die dulle griet
ist auch heute morgen weg. sie hat fleißig und sehr
schön gearbeitet, ich bin sehr glücklich darüber, daß es
nun vor uns liegt, das textbuch. änderungen können
immer noch gemacht werden. der schluß z.b. ist wirklich
sehr besonders schön. auch hat sie den schnoddrig-
albernen ton der colportage, besonders die bild-zicke
gut getroffen. alles in allem, gute arbeit und ein be-
neidenswertes libretto, hinter dem ich 100% stehe, weil
es die esotherik[sic], die müdigkeit, die agression, das westliche
und ein starkes granum salis in sich hat.

wir waren bei ludwig und ich spielte ihm sofort alles
vor, was ich habe und damit verstummte er, muckte
nur noch einmal, alles sei so negativ darin, aber „in
seiner art gut“
. auch dieses also erledigt.* arbeiten ist
wunderbar, lieber butzi, man ist ein ganz anderer mensch,
wenn man von der permanenten seelen-misere abgelenkt
ist. Herr v. hatzfeldt war mir zu „aristokratisch“ nun
wieder. gestern waren wir am chiemsee bei pohl, herzliche
grüße, butza + gisi mochten ihn sehr. karl heinz, schöner
geworden durch die krankheit, rief es wieder wach, dieses
unglück und die viele schuld.

zehden macht hier seine sinfonie fertig, sie wird sehr gut.
er findet lakalles altmodisch. wir fahren montag vorm.
nach darmstadt.* am 10. sept. dirigiere ich in recklinghausen
mein violinkonzert.* anschließend käme ich gerne nochmal
hierher, butza sagt, ich dürfte dieses.

schott lehnt jack pudding in göttingen ab + beruhigte mich
über die ethischen momente; weil die verhandlungen nicht sehr
interessiert waren, sei das recht erloschen. ich bin darüber
froh. treffe willy str. in darmstadt.*

grüße arminius herzlich. sei guter dinge
bussi Dein
äffchen

Apparat

Verantwortlichkeiten

Herausgegeben von
Irmlind Capelle
Übertragung
Irmlind Capelle

Überlieferung

  • Textzeuge: Stadtbibliothek München (D-Mst), Monacensia
    Signatur: GW 31

    Quellenbeschreibung

    • Dokumenttyp: Brief
    • Material

    • beiges Papier
    • Faltung: 2mal auf DinA6
    • Umfang

    • 1 Blatt
    • 1 beschriebene Seite
    • Abmessungen: 295x209 [mm] (HxB)
    • Layout

    • Rand: 4,5-5 cm
    • Anführungszeichen unten oben

Schreibstile

Textkonstitution

  • "esotherik"sic

Einzelstellenerläuterung

  • "… 12. oder 19. aug. 1950"Da Henze von der Arbeit mit Grete Weil am Libretto zu Boulevard Solitude schreibt, muss dieser Brief aus dem Jahr 1950 sein. Die zweite Ziffer ist sehr schlecht zu lesen, es kann sich deshalb um die Samstage 12. oder 19. August handeln.
  • "obb."Abk. von "oberbayern".
  • "… meiner tage in obb. oberbayern"Henze schreibt hier von dem Ende seines Aufenthalts in Egern.
  • [Latein] granum salis
    • Salzkorn
  • "… . auch dieses also erledigt."Vgl. den Hinweis auf Streckers Bedenken im Brief vom 7. Juli 1950.
  • "… montag vorm. nach darmstadt ."Wie aus dem folgenden Brief hervorgeht, besuchte Henze in Darmstadt auch die Ferienkurse für Neue Musik.
  • "… in recklinghausen mein violinkonzert ."Vgl. die kurze Besprechung in Melos 1951, S. 148.
  • "… willy str. in darmstadt ."Vielleicht gab es eine Anfrage von Göttingen zur Aufführung von „jack pudding“, da man davon ausging, dass Henze dort engagiert würde.

      Automatischer Kommentar

      • "Herr v. hatzfeldt"Zuordnung nicht eindeutig.
      • "pohl"Zuordnung nicht eindeutig.
      • "karl heinz"Zuordnung nicht eindeutig.

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