Brief von H. W. Henze an W. Jockisch/G. Weil, 7. Juli 1950

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lieben[sic] freunde,

von Euch nichts zu hören, gibt uns schwere
rätsel auf. geht es Euch so gut oder so
schlecht?

wir verstehn uns alle gut. die wohnung ist
eingerichtet etc. etc.*

der 1. akt ist fertig. da der 2. ausbleibt,
beginne ich jetzt eine gestern von ludwig
andersen
übersandte version zu komponieren,
die sehr gut ist, nämlich von großer
zartheit des gefühls und einer brechtisch-
herben diktion der sprache.

beiliegendes kulturdokument* mag Euch die
notwendigkeit folgender maßnahme als angemessen
erscheinen lassen: Ihr müßtet in den tagen,
wo beide schotten zusammen in mainz
sind, dorthin und das werk vorlegen. die
notlösung, das alles schriftlich zu machen,
ist weniger attraktiv. jedenfalls finde ich,
daß der handicap[sic] dieser brüder schnellstens
beseitigt werden muß.*

wir verstehen uns gut mit pillers, ich darf
soviel spielen wie ich will. besonders sie
liebt moderne musik, und kommenden
sonntag
gebe ich ein kleines hauskonzert,
wo auch frau slezak eingeladen ist* und
die arie „vielleicht aber ...“ aus dem 1. bild
meiner manon vortragen wird. walter helle
übt es mit ihr ein.

herzlichst Euer butzo

[Der nachfolgende kurze Brief, wahrscheinlich von Walter Helle, darf hier aus urheberrechtlichen Gründen nicht wiedergegeben werden.]

Apparat

Verantwortlichkeiten

Herausgegeben von
Irmlind Capelle
Übertragung
Irmlind Capelle

Überlieferung

  • Textzeuge: Stadtbibliothek München (D-Mst), Monacensia
    Signatur: GW 31

    Quellenbeschreibung

    • Dokumenttyp: Brief
    • Material

    • helles Papier
    • Umfang

    • 1 Blatt
    • 2 beschriebene Seiten
    • Abmessungen: 293x210 [mm] (HxB)
    • Zustand

    • kleiner brauner Fleck oben rechts
    • Layout

    • Im Brief von Walter Helle sind die Schlussworte ab "hier sein" um den Brief herum geschrieben, beginnend am Rand rechts
    • Rand Bl 1r: 5 cm; Bl 1v fast ohne Rand

Schreibstile

  • 1.
    Handschrift, Henze, Hans Werner, Kugelschreiber (blau).
  • 2.
    Handschrift, Füller (blau).

Textkonstitution

  • "lieben"sic
  • "der handicap"sic
  • "helle"unsichere Lesung

Einzelstellenerläuterung

  • "… wohnung ist eingerichtet etc. etc."Vgl. den Brief von der Ankunft in Egern vom 30. Juni 1950.
  • "… beiliegendes kulturdokument"Henze meint hier den Brief von Willy Strecker vom 3. Juli 1950, den er diesem Schreiben offensichtlich begelegt hatte und der deshalb im Nachlass Grete Weils überliefert ist. In diesem Brief schreibt er auch von einer neuen Fassung des Librettos zu „Boulevard Solitude“, die seiner Meinung nach „aufs sorgfältigste durchdacht und geprüft werden“ muss, bevor Henze mit der Komposition beginne. Als möglichen Termin schlägt er den 15. oder 16. Juli 1950 vor, weil nur dann beide Brüder in Mainz sind.
  • "… brüder schnellstens beseitigt werden muß."Wie aus den vorangehenden Briefen hervorgeht, hatte Henze geplant, diese Oper in den nächsten beiden Monaten zu komponieren. Hiervor warnte Strecker in dem beiliegenden Brief nachdrücklich, und Henze konnte dies dann auch nicht umsetzen.
  • "… auch frau slezak eingeladen ist"Das Haus in Rottach-Egern, in das Henze gerade zugezogen war, war das Landhaus von Grete Weils Eltern. In der Nachbarschaft hatte auch Leo SLezak ein Haus und Grete Weil schreibt in ihrer Autobiographie: „der Heldentenor der Wiener Oper, Leo SLezak, war ein guter Freund. Auch er hatte ein Haus in Egern, nahe dem unseren. Wenn er, der einen Tag vor ihr [ihrer Mutter] Geburtstag hatte, zu dem ihren kam, sang er ihr, die ihn am Klavier begleitete, ein Lied. Meist war es Der Lenz von Hildach, ein schreckliches Kitschstück, bei dem er das hohe C herausschmettern konnte, aber manchmal sang er auch – und das beglückte mich – den Lindenbaum.“ (Grete Weil, Lebe ich denn, wenn andere Leben, Zürich 1998, S. 24).

      Automatischer Kommentar

      • "walter "Zuordnung nicht eindeutig.

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