Brief von H. W. Henze an G. Weil/W. Jockisch, 30. Juni 1950

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[Manuskript]

lieben freunde

wir sind mit den möbeln gut übergekommen und tief im
aufbauen drin. es ist fatigent, doch interessant. habe
bereits mit dem 1. bild angefangen. Euer nichterscheinen
zu meinem concert* war unfreundlich und eine schmerzlich
berührende indifferenz-geste. hoffentlich klappt alles in
berlin. bitte grüßts mir die wedelstedt, auch den egk,
und versucht doch auch bitte in aller heimlichkeit die
mit butzi besprochene titaniapalast-intrigue mit dem SWF
orchester
und meiner 3. sinfonie.

ich bin gezwungen, mich hier zu melden polizeilich. zu
dumm, aber auch nötig wegen meiner locarno-reise.* deshalb
muß ich Dich, meine liebe butza, bitten, mich „auf
reisen“
bei unserem westend-polit-büro abzumelden, es ist
in der heerstraße, ecke kastanienallee, ganz nah also. ich
lege dir eine vollmacht bei. bitte schick mir diese ab-
meldung. – ich habe übrigens doch das gefühl, daß ich
die „manon“ bis ende august fertig skizziert haben könnte.
ich habe die ballettszenen bis zum ausrufen des
zuges in einem tag spielend hingelegt. aber ich mache
es nochmal, weil es mir nicht prägnant genug ist und
das ostinato-prinzip nicht deutlich erkennbar. auch ist
es mir zu strawinskynesk und muß doch ganz anders
sein.*

innigste sympathiewellen Euer hänschen

[Es schließt ein Brief an, der mit „Mama“ gezeichnet ist, und hier aus urheberrechtlichen Gründen nicht wiedergegeben werden kann. Der Brief beschreibt ebenfalls die Ankunft in Egern.]

Apparat

Verantwortlichkeiten

Herausgegeben von
Irmlind Capelle
Übertragung
Irmlind Capelle

Überlieferung

  • Textzeuge: Stadtbibliothek München (D-Mst), Monacensia
    Signatur: GW 31

    Quellenbeschreibung

    • Dokumenttyp: Brief
    • Material

    • helles Papier
    • Umfang

    • 1 Blatt
    • 2 beschriebene Seiten
    • Abmessungen: 292x208 [mm] (HxB)
    • Layout

    • Die zweite Hand schreibt in kurrent.

Schreibstile

  • 1.
    Handschrift, Henze, Hans Werner, Kugelschreiber (blau).
  • 2.
    Handschrift, Kugelschreiber (blau).

    Einzelstellenerläuterung

    • "… Euer nichterscheinen zu meinem concert"Hier spricht Henze das Konzert in Heidelberg um den 12. Juni 1950 an, in dem sein „jack pudding“ konzertant aufgeführt wurde.
    • "… nötig wegen meiner locarno -reise."Hier spricht Henze den Dodekaphonisten-Kongress an, vgl. seinen Brief vom 12. Mai 1950.
    • "… muß doch ganz anders sein."In der endgültigen Fassung erfolgt die Ausrufung des Zuges bereits in T. 13 des 1. Bildes.

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          Mit freundlicher Genehmigung der Hans Werner Henze-Stiftung (Dr. Michael Kerstan).

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