Letter from H. W. Henze to H. M. Enzensberger, April 11, 1973

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La Leprara
00041 Marino (Roma)
11 April 73 lieber Mang:

der erster brief den ich nach meiner rückkehr*
aufgemacht habe war Deiner – und ich hatte
eine solche freude und eine welle von diesem
gefühl dass Du mein freund bist dass ich gar
nichts anders hören und sehen wollte. nur Dir
sagen dass es so wichtig ist dass Du mein
freund bist und dass ich Dich gern öfter sehen
würde, besonders zu zeiten wo ich nicht unglücklich
bin, und es wäre ja schon sehr gut wenn Du
z.b. mehr zeit hättest als 1 nachmittag pro
jahr, nicht mal den abend, obwohl ich verstehe
dass es interessantere leute gibt in Rom als mich und
zumal ich weiss dass ich langsam und langweilig
bin, aber es kommt doch was raus wenn man
geduld hat.

  über das gedicht bin ich froh. ich werde es an
den anfang des zweiten teils setzen. siehst Du auch
da hast Du Dich als freund erwiesen, hast nicht
vergessen dass es wichtig war dieses kritische licht
zu werfen. meine selbstkritik ist es natürlich trotzdem
nicht, denn selbstkritische musik gibt es ja nicht.*


La Leprara
00041 Marino (Roma)
2.
das ist es ja wohl auch was Dich an ihr oft so
stört –

vielleicht setze ich es auch, wie Du vorschlägst, zwischen
die beiden letzten so wie Du vorschlägst. ich
dachte, wenn es als motto für den 2. teil
steht, zwischen 1. und 2. teil, wäre die selbst-
verhöhnung noch stärker.*

La Cubana: die scheiss amis haben mir
ein ganz mieses band gegeben, völlig verrauscht
und die instrumente kaum hörbar. im londoner
elektronischen studio
haben wir mit viel mühe
die rasch störgeräusche entfernt, aber schön ist es
nicht. immerhin genügend, sodass Peter Hall das
stück
angenommen hat, für frühjahr 74 im
Neuen National Theatre (sie machen keine inszeniergn[sic]
mehr jetzt im alten Old Vic haus) ich möchte
ihm die option geben für bis 15. Mai 74, wenn
er dann nicht raus ist damit (der bau z.b.
könnte sich verzögern) muss er sich mit der englischen
erstaufführung begnügen. ich habe dem gärtnerplatz
die deutsche premiére gegeben. aber die uraufführung
hoffe ich Paris […] geben zu können, sie fiele an
das Théatre de la ville (ehem. Sarah Bernard)
im augenblick wo Hall die sache verzögert. Hall
will selbst inszenieren.*


La Leprara
00041 Marino (Roma)

3
dieser film läuft nun also endlich.

wer könnte die Gärtnerplatz-inszenierung machen?
man hat sie mir angeboten, aber ich halte
es so lange nicht aus in München, ausserdem muss
ich an meiner Bond-partitur arbeiten (er hat
inzwischen brav gearbeitet und ein zwar geniales aber
doch brauchbares büchlein gemacht) – sollte man
Peter Stein? also zu den sternen greifen? kennst Du
ihn? oder sollte er es in Berlin machen? kannst
Du mit ihm reden? Du kriegst sobald wie
möglich das band geschickt, obwohl das von mir
mit klavier beinahe besser ist. aber in münchen:
Zadek? wer käme sonst in frage? schlöndorff?
nicht der kerl der Gastóns stück in darmstadt ge-
macht hat, bitte.* sag mir wenn Du ideen hast.

      Que otro? sonst ist nichts, nur noch private
sachen, von denen zu schreiben ich jetzt keine
lust habe. es ist ein szenenwechsel. was tut Gastón?
ich höre von ihm nicht.

wie ist Dir? abbracci
hans

Editorial

Responsibilities

Editor(s)
Irmlind Capelle
Transcription
Irmlind Capelle; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Deutsches Literaturarchiv Marbach (D-MB), A: Enzensberger, Hans Magnus
    Shelf mark: Briefe Hans Werner Henze

    Physical Description

    • Document type: Letter
    • Material

    • Faltung: ungleiche Drittelfaltung quer (unten nochmals ca. 1,5cm umgeknickt) auf DIN lnag
    • Extent

    • 3 folios
    • 3 written pages
    • Dimensions: 289x210 [mm] (HxW)
    • Layout

    • Seiten mit ca. 4cm linkem Rand beschrieben
    • Absatz: nicht eingerückt (nur bei Absatz 1 ca. 2 characters und am Ende bei "Que otra" ca. 1 Wort eingerückt), Anführungszeichen: keine

Writing styles

Text Constitution

  • "r"crossed out
  • "rasch"crossed out
  • "inszeniergn"sic
  • "… Theatre (sie machen keine inszeniergn"Das Wort steht sehr knapp am Seitenrand und ist deshalb abgekürzt
  • "für"crossed out
  • "[…]"deleted text illegible

Commentary

  • "… den ich nach meiner rückkehr"Laut Autobiographie war Henze Ende März 1973 in New York, vgl. Autobiographie S. 386.
  • "… musik gibt es ja nicht." “Selbstkritik” in der Kunst war auch zu Beginn der Korrespondenz von Henze und Enzensberger ein wichtiger Begriff, vgl. die Briefe vom 22. und 28. Januar 1968.
  • "… die selbst verhöhnung noch stärker."Letztendlich steht die Vertonung von “Schluss” wie von Enzensberger im vorangehenden Brief vorgeschlagen an vorletzter Stelle.
  • "… verzögert. Hall will selbst inszenieren."Die szenische Uraufführung von “La Cubana” fand dann letztlich in München im Theater am Gärtnerplatz statt.
  • "… darmstadt ge macht hat, bitte."Vgl. hierzu die Erwähnung von Heinz Gerd im Brief von Enzensberger am 27. August 1972.
  • Que otro?
    • Was noch?
  • abbracci
    • Umarmungen

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        Credits

        Mit freundlicher Genehmigung der Hans Werner Henze-Stiftung (Dr. Michael Kerstan).

        If you've spotted some error or inaccuracy please do not hesitate to inform us via henze-digital [@] zenmem.de.