Letter [Carbon copy] from P. Sacher to H. W. Henze, December 19, 1955

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Lieber Herr Henze,

Gestern hatte ich Gelegenheit, mit dem Sekretär
des Collegium Musicum Zürich, Herrn Walter Schulthess,
unsere Programmpläne für das Konzert unter Ihrer Leitung
in der Saison 1956/1957 zu besprechen.* Herr Schulthess hat
grosse Bedenken in Bezug auf die Kosten geäussert, da
das vorgesehene Programm ungewöhnlich viel Proben erfor-
dert. Unsere Musiker stehen nicht, wie festangestellte
Orchestermusiker, im Monatslohn, sondern werden fallweise
für jede Leistung entschädigt. Herr Schulthess ist deshalb
der Meinung, dass die eine Programmhälfte vorklassische
Musik enthalten sollte. Er wäre sehr einverstanden mit
der "Ciacona" von Jomelli und hätte gerne noch ein weite-
res Werk von Paisiello oder irgend einem andern Meister der
neapolitanischen Schule. Auch eine Schubert Sinfonie, am
liebsten, die 1., 2. oder 3., schiene ihm passend. Im zweiten
Teil kämen dann ausschliesslich Werke von Ihnen, z.B.
"Apoll und Hyazinth" und "Rosa Silber". Statt Rosa Silber
würde er einem Werk mit etwas kleinerer Orchesterbesetzung
den Vorzug geben. Dagegen scheinen ihm die neapolitanischen
Lieder
, die Sie komponieren möchten, weniger geeignet, weil
er das Engagement eines Solisten vermeiden möchte.

Sie werden es wie ich bedauern, dass Sie die "Sinfonia"
von Francesco d’Avalos und das Werk von Nono nicht dirigie-
ren können! Ich kann mich aber den Ueberlegungen von Herrn
Schulthess
nicht verschliessen. Alle unsere Konzerte – auch
wenn sie ausverkauft sind, ergeben ein Defizit von einigen
tausend Schweizerfranken. Diese Defizite trägt der Präsident
des Collegium Musicum Zürich *, und wir müssen natürlich be-
strebt sein, sie nicht allzu gross werden zu lassen. Ich
hoffe, dass Sie Verständnis für diese Lage haben und glau-
be, dass es trotzdem möglich sein wird, ein schönes und
interessantes Programm aufzustellen. Wenn Sie mit Jomelli
und Schubert einverstanden sind, haben wir einen guten er-
sten Programmteil, und dass in der zweiten Hälfte zwei
Werke von Ihnen stehen, scheint mir günstig. Anstelle der
Schubert Sinfonie finden Sie vielleicht noch ein anderes
geeignetes Stück, z.B. aus dem Répertoire des Alessandro
Scarlatti Orchesters
in Neapel.

Es tut mir leid, dass ich auf die Programmfrage zurück-
kommen muss und Ihnen damit weitere Mühe bereite.

Ihr Besuch hat mich sehr gefreut*, und meine Frau und
ich schicken Ihnen alle guten Wünsche für Weihnachten.

Mit herzlichen Grüssen
Ihr

Hans Werner Henze 29tt*

Editorial

Responsibilities

Editor(s)
Irmlind Capelle
Transcription
Irmlind Capelle

Tradition

  • Text Source: Basel (Schweiz), Paul Sacher Stiftung (CH-Bps), Sammlung Paul Sacher
    Shelf mark: Korrespondenz Hans Werner Henze

    Physical Description

    • Document type: Letter
    • Material

    • gelbliches Durchschlagpapier
    • Extent

    • 1 folio
    • 1 written page
    • Dimensions: 297x210 [mm] (HxW)
    • Condition

    • gelocht
    • Layout

    • Rand links: 5,6 cm, Einzug: 1,3 cm, einzeilig, Abstand vor Absatz halbe Zeile

Writing styles

Text Constitution

  • "… ich bedauern, dass Sie die"kein Leerzeichen vor dem Anführungszeichen.
  • "ü""-" overtyped with "ü"
  • Following: handwritten, pencil

Commentary

  • "l"regularized to "1".
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  • "… l 1 957 zu besprechen."Wahrscheinlich war der Programmentwurf , der vor diesem Brief in der Korrespondenz abgeheftet ist und zahlreiche handschriftliche Ergänzungen enthält, Grundlage dieses Gesprächs.
  • "l"regularized to "1".
  • "… Präsident des Collegium Musicum Zürich"Nach den Ausführungen von Martin Hürlimann im Vorwort zu 20 Jahre Collegium Musicum Zürich handelt es sich hierbei um den Arzt und Mäzen Hans Conrad Bodmer; vgl. auch die Übersicht über die Vorstandsmitglieder in Fünfzig Jahre Collegium Musicum, S. 402f.
  • "… Besuch hat mich sehr gefreut"Wie aus der vorangehenden Karte hervorgeht, haben sich Sacher und Henze am 9. Dezember 1955 in Basel zur Besprechung des Programms getroffen. Nach der Bemerkung von Henze am 3. Februar 1956 muss dieser Besuch auf dem Schönenberg stattgefunden haben.
  • "… Hans Werner Henze 29tt"Die letzten Zeichen sind nicht eindeutig lesbar. Nach dem folgenden Brief könnte es sich auch um eine verkürzte Form von "Schott" handeln.

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