Brief von H. W. Henze an G. Weil, 23. Mai 1950
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Absolute Chronologie
Vorausgehend
- 1950-05-12: an Jockisch
Folgend
- 1950-06-03: an Weil
- 1955-08-09: von Sacher
[Manuskript]
hättest Du doch die eine stunde gewartet! ich war so
gespannt, Dich wiederzusehen und von der „manon“ etc.
zu hören, und Du fährst einfach weiter!* wann werden
wir uns nun sehen? ich denke, zur reutter-oper
*, und
dann möchte ich gern anfangen zu arbeiten. hoffentlich
läßt sich ein piano beschaffen. kommt Ihr zu meinem
balleto?* es ist nach pfingsten*. ich möchte die oper
in egern in einem zuge komponieren, Ihr müßt gut
zu mir sein und zart, damit die saiten auch ganz richtig vibrieren
Die Saiten meines blaublütigen
unendlich dünnflüss’gen geblüts
und will mich wer begleiten
dem schlag ich in die saiten ...*
könnte ich nicht for ever in
egern bleiben? die hilpert-schweinerei nimmt konkretere
formen an, zu meinen ungunsten, und es vervielfacht
sich der wunsch, die welt und vor allen dingen die
des theaters zu fliehen.*
das schönste erleben war seit langem, wie ich josquin
(15. jhrdt.) ’s messe
„l’homme armé“
* spielte
und dabei in tears broke out. und das ganz ohne
hysterie. ihr beiden seid meine lichten freunde ge-
worden und das ist schön. viele sind abgesprungen von
mir, und immer wird man das opfer von gemeinheit
und vulgarität. neuerdings habe ich einen hoch-
interessanten bubi zu eigen. aber natürlich kann ich
deswegen nicht in heidelberg bleiben.
mais je il aime aus bestimmten gründen
et son beautéet[sic]‡ tres nouvelle pour moi.
maybe this becomes more than an a[d]venture.‡
übrigens ist
er ganz
wahnsinnig
zauberhaft
‡ lieben leute ich bin in die blöde B utza verknallt
ach liebe liebe butza ... wärest Du
doch am sonntag noch vorbeigekommen!
vielleicht hätte ich schon anfangen können
zu schreiben.
et j’espere il n’est de quatsch pas
que tu es‡ à ecriée.
sprach der Graf.
[in einem Kasten] !! O, o, O,
ein Püüdelchen!
O, o, o!!
‡
De la
musique
avant
tout
chose
Butzo: | Hänschen, komm Boot fahren! |
H: | Nein, ich muss noch das couplet ... |
Butza: | Butzi, lass ihn doch schr..... |
Butzo: | Verdammte blöde Gans, was geht das Dich ... |
H: | Tra la la ... schrummschrumm plummplumm |
Butza: | Butzi, nicht schimpfen |
H. | Tra la la ... schon fertig! let’s go boat riding |
Ich liebe Euch
alle viel zu viel
Euer
blöde Affe
Apparat
Verantwortlichkeiten
- Herausgegeben von
- Irmlind Capelle
- Übertragung
- Irmlind Capelle
Überlieferung
-
Textzeuge: Stadtbibliothek München (D-Mst), Monacensia
Signatur: GW 31Quellenbeschreibung
- Dokumenttyp: Brief
- helles Papier
- Faltung: 2mal auf DinA6
- 1 Blatt
- 2 beschriebene Seiten
- Abmessungen: 297x210 [mm] (HxB)
- auf der ersten Seite ist am linken Rand und unten (unter Aussparung des Platzes für die Anmerkung zu seinem neuen Freund) Text in einzelnen großen, räumlich geschrieben Buchstaben Text notiert.
- Rand: 3,5 cm, keine Einrückung
- zweite Seite sehr stark "gestaltet" mit Zeichnungen und verschiedenen Textfeldern
Material
Umfang
Layout
Schreibstile
-
1.Handschrift, Füller (blau).
Textkonstitution
-
"et"sic
-
"… an a d venture ."Am Rand klammerte Henze diese drei Zeilen und notierte: „übrigens ist...“
-
"… "Der folgende Text ist in Großbuchstaben einzeln unter einander auf dem linken Rand und unten auf dem Blatt notiert. Der Platz für die andere Randanmerkung ist dabei ausgespart, was bedeutet, dass diese Bemerkung nach dieser geschrieben ist.
-
"es"durchgestrichen
-
"… "Dieser Text steht in einer Sprechblase, die auf das Wort „Hänschen“ in dem folgenden Dialog zeigt.
-
"… fertig! let's go boat riding"Neben dem Dialog eine große geschweifte Klammer, daneben die Grußformel.
Einzelstellenerläuterung
-
"… und Du fährst einfach weiter!"Wie aus dem Brief weiter unten zu sehen ist, war Grete Weil am 21. Mai 1950 in Heidelberg.
-
"… sehen? ich denke, zur reutter-oper"Die Premiere von Hermann Reutters Oper „Don Juan und Faust“ fand am 11. Juni 1950 in Stuttgart statt; vgl. die Presseberichte in „Theater der Zeit“ August 1950, S. 39 und die Abbildung ebda. November 1950, S. 15.
-
"… kommt Ihr zu meinem balleto?"Wie Henze im vorangehenden Brief erwähnt, dirigierte er in Heidelberg das George-Dandin-Ballett.
-
"… balleto? es ist nach pfingsten"Pfingsten war 1950 am 28. Mai.
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"… ich in die saiten ..."Anspielung auf „Ich bin die fesche Lola“ von Marlene Dietrich aus dem Film „Der blaue Engel“ (1930).
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"… die des theaters zu fliehen."Hier dürfte es sich um Probleme bei Verhandlungen mit Hilpert bezüglich eines Engagements in Göttingen handeln.
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"… jhrdt.) 's messe l'homme armé"Josquin verwendete die Chanson „L’homme armé“ als Cantus firmus in zwei seiner Messen: „Missa L’homme armé sext toni“ und „Missa L’homme armé super voces musicales“. Es lässt sich nicht sagen, welche Henze davon gespielt hat.
-
mais je il aime
- aber ich liebe ihn
-
et son beautéet tres nouvelle pour moi
- und seine Schönheit
-
[Rotation]Abschnitt am linken Rand stehend, Text im Uhrzeigersinn gedreht (90°).
-
et j'espere il n'est de quatsch pasque tu à ecriée.
- Und ich hoffe, dass es kein Quatsch ist, was Du geschrieben hast.
-
[Abbildungsbeschreibung]kurzes Notenbeispiel mit Notenlinien: Violinschlüssel, Halbe d’’’ mit Achtelstrich, zwei Sechzehntel e’’, wobei die letzte auch einen Hals nach oben hat.
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[Abbildungsbeschreibung]große Zeichnung: Henze rauchend am Schreibtisch auf einem Blatt schreibend, oben auf dem Blatt der Text: "la beauté de manon et l’amour de chavelier", auf dem Tisch eine Kaffeetasse, Aschenbecher, eine Schachtel Camel-Zigaretten, ein Blatt mit Titel "La musique".
-
De lamusiqueavanttoutchose
- Die Musik steht über allem.