Brief von H. W. Henze an H. M. Enzensberger, 27. November 1974

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[Typoskript]

27. November 1974

Herrn
M. Enzensberger
Fregestrasse 1 9
1 Berlin 4 1

wenn Du also nach Hause kommst*, findest Du dort schon wieder
einen Brief von mir vor. Sei nicht erstaunt über das Grau
der Mauern von Berlin, sondern denke, dass Du ja im Februar
im grauen Marino sein wirst. Meine Zeit im grauen London war
sehr gut und brachte, wie man so sagt, triumphale Erfolge,
durch die das Leben nun wieder etwas leichter geworden ist.
Meine Komponierarbeit hat sehr darunter gelitten, und ich
habe seit Ende August keine Note geschrieben. Wider meinen
Willen habe ich viel Aerger mit dem Dir ja wohlbekannten
Verleger Schott, die ich vielleicht nun wirklich verlassen
werde.*

Das Privatleben ist so wie es war, und die Beständigkeit
langweilt mich nicht, sondern interessiert mich. Ein Falten-
reiches Kind
scheint ein grosser Erfolg zu sein, ich habe
es auch schon gelesen, muss aber Gaston noch schreiben. Ich
finde das Buch gut, man bekommt etwas mit von dem Druck jener
Jahre, und doch habe ich den Eindruck, dass etwas fehlt. Was
mag das sein?

Eine wunderbare Decca-Schallplatte ist erschienen, mit dem
2. Violinkonzert drauf. Sehr gut geworden. Du musst sie
selbst erwerben, weil die geizige Gesellschaft nur ein einziges
Autorenexemplar mir gegeben hat. Die Anschaffung lohnt sich
aber. Hoffentlich war New York gut für Dich, so dass wir
jetzt fabelhafte Balladen zu lesen kriegen.*

Ich habe Dich ö f ters vermisst und wünsche dringend, dass Du
im Februar, wie angekündigt, zu mir kommst.*

Tausend Grüsse*

Übersetzung von

Apparat

Verantwortlichkeiten

Herausgegeben von
Irmlind Capelle
Übertragung
Irmlind Capelle; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Basel (Schweiz), Paul Sacher Stiftung (CH-Bps), Sammlung Hans Werner Henze, Abteilung: Korrespondenz

    Quellenbeschreibung

    • Dokumenttyp: Brief
    • Material

    • helles Papier (Durchschlag)
    • Umfang

    • 1 Blatt
    • 1 beschriebene Seite
    • Abmessungen: 279x220 [mm] (HxB)
    • Zustand

    • gelocht
    • Layout

    • einzeilig, Absätze mit Leerzeile getrennt; keine handschriftliche Unterschrift

Schreibstile

  • 1.
    Maschinenschrift.
  • 2.
    Handschrift.

Textkonstitution

  • ","in der Zeile hinzugefügt, handschriftlich
  • "f""i’" (unsichere Lesung) überschrieben mit "f"
  • i’
  • "… habe Dich ö f ters"Kein Leerzeichen vor "öfters". Außerdem liegt bei dem "f" noch ein Papierfehler(?) vor.

Einzelstellenerläuterung

  • "l974"angepasst zu "1974".
  • "l"angepasst zu "1".
  • "l"angepasst zu "1".
  • "l"angepasst zu "1".
  • "… Du also nach Hause kommst"Enzensberger hatte in seinem letzten Brief angekündigt, dass er Ende November 1974 zurück nach Berlin käme.
  • "… vielleicht nun wirklich verlassen werde."In dieser Zeit gab es einen Streit mit dem Verlag Schott, weil Henze aus Anlass der Zusammenlegung der Zeitschriften "Neue Zeitschrift für Musik" und "Melos" sich "die Bereitstellung von etwas mehr Raum, einem kleinen Forum für die neue deutsche und europäische politisch engagierte Musik und ihre Verfasser" wünschte, vgl. Autobiographie, S. 380. Vgl. hierzu auch die Briefe Nr. 223 und 225 des damaligen Redakteurs der "NZfM", Carl Dahlhaus, in: Tobias Robert Klein (Hg.), Carl Dahlhaus. Briefe 1945–1989, Kassel 2022.
  • "… fabelhafte Balladen zu lesen kriegen."Vgl. den vorangehenden Brief von Enzensberger. 1975 veröffentlichte dieser 37 Balladen unter dem Titel "Mausoleum".
  • "… wie angekündigt, zu mir kommst."Ob dieser Besuch stattgefunden hat, ist nicht bekannt.
  • "… Tausend Grüsse"Da von diesem Brief nur ein Durchschlag überliefert ist, fehlt die Unterschrift.

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