Brief von H. W. Henze an P. Sacher, 1. Dezember 1975

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Stuttgart, 1. 12. 75 Mein lieber Paul,

ich konnte um 13h die bauprobe für meine Boulevard
Solitude
- inszenierung nicht verlassen* und muss gleich
wieder reisen. Morgen abend sollte ich nach Marino fliegen,
aber vielleicht, wenn Du willst, käme ich auch rasch nach
Basel. ich habe eine grosse idee und eine grosse bitte.
die sieht folgendermassen aus:

ich habe eine gelegenheit, ein kleines haus in Knightsbridge
zu kaufen. es ist sehr schön und elegant und ist im
augenblick nicht zu teuer, mir fehlen aber, um cash
bezahlen zu können, noch 120.000 DM,- wenn ich cash
bezahlen könnte, wäre das ganze haus um 25% billiger.
ich hätte mit diesem haus ein stadthaus in der stadt in
der ich am liebsten bin und in der meine musik eine
grosse gemeinde hat.

   wenn Du Dich erinnerst: ich habe den plan, eine grosse
musik
für perkussion und chöre zu schreiben (handlung und
gedichte von Edward Bond) ein abendfüllendes werk.
wenn Du mir dies in auftrag gäbest – Du hast es ja
eigentlich im vorigen jahr schon getan – und akzeptieren
würdest, dass es später szenisch gemacht wird und dass
es halt doppelt so lang (oder noch länger) wird als
Du vielleicht gewünscht hast, dann hätte ich – voraus-
gesetzt Du hast das vertrauen, mir die ganze summe


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vorzuschiessen - damit die möglichkeit gefunden, schnell
den hauskauf zu tätigen und die gelegenheit nicht
davonlaufen zu lassen.

      das war es in kurzen worten.

über das werk, sujet, text, kann ich noch nicht viel
sagen, weil Edward Bond den text erst im laufe des
nächsten jahres schreibt. aber es ist ja alles gut was
er macht. und er ist fasziniert von der idee mit
den chören.

(ich sitze im zug, das schreiben ist dadurch erschwert)

   Paul, es ist mir nicht peinlich, Dich zu bitten, weil
Du ein freund bist. Du wirst es nicht miss-
verstehen. und wenn Du lieber ein, zwei oder drei
andere auftragswerke von mir haben würdest, die
Du mit der oben genannten summe honoriert
honoriert hättest, würde ich das auch akzeptieren. I
leave it to you
. aber wenn Du helfen würdest,
wäre es wunderbar! und Du könntest das haus in
Knightsbridge natürlich jederzeit benutzen!

hoffentlich kannst du dies lesen. ich mach es jetzt aber
kurz, bitte Dich nur um eine nachricht per telefon oder
cable * (die post nach Italien geht zu langsam) damit
ich weiss wie die dinge stehen und ob ich in London


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agieren kann oder nicht.

vielleicht können wir uns morgen telephonisch sprechen.

sei herzlich gegrüsst
von Deinem
hans werner

Apparat

Verantwortlichkeiten

Herausgegeben von
Irmlind Capelle
Übertragung
Elena Minetti; Irmlind Capelle

Überlieferung

  • Textzeuge: Basel (Schweiz), Paul Sacher Stiftung (CH-Bps), Sammlung Paul Sacher
    Signatur: Korrespondenz Hans Werner Henze

    Quellenbeschreibung

    • Dokumenttyp: Brief
    • Material

    • helles dickes Papier
    • Faltung: 1mal längs, 1mal quer
    • Umfang

    • 3 Blätter
    • 3 beschriebene Seiten
    • Abmessungen: 296x210 [mm] (HxB)
    • Layout

    • Rand links: 3 cm, kein Einzug bei Absatz; Anführungszeichen unten-oben

Schreibstile

Textkonstitution

  • "5""0" (unsichere Lesung) überschrieben mit "5"
  • 0
  • "es"über der Zeile hinzugefügt
  • "… gäbest – Du hast es"das Wort ist mit einem V-Zeichen eingefügt.
  • "… mir die ganze summe 2"Die Seitenzahl ist auf den linken Rand rausgerückt.
  • "den text""es" durchgestrichen und ersetzt mit "den text"
  • "honoriert"durchgestrichen
  • "… ob ich in London 3"Die Seitenzahl ist auf den linken Rand rausgerückt.

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