Brief von H. W. Henze an P. Sacher, 22. Januar 1964

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[Typoskript]

Prof. Hans Werner Henze
Castelgandolfo (Roma)
Via dei Laghi, 18

Herrn
Dr. Paul Sacher
Schönenberg Pratteln
bei Basel / Schweiz

Verehrter Herr Dr. Sacher,

Zunächst möchte ich Ihnen sagen, wie leid es mir tut, daß es Ihnen so
lange nicht gut gegangen ist, und wie ich mich freue zu hören, daß Sie
sich auf dem Wege der Besserung befinden.*

Dann gleich der Ausdruck meiner Freude darüber, daß Sie sich für mein
neues Werk
interessieren.* Ich lasse eine Fotokopie herstellen und über-
sende sie Ihnen in den nächsten Tagen. Ich hoffe, daß der Anblick der
Partitur Sie von der Sorge befreit, mit dem Laienchor Schwierigkeiten
zu haben. Erstens ist die Faktur des Stückes in der dem Text entspre-
chenden Einfachheit gehalten, und zweitens hatte ich ohnehin bei der
Verfassung des Chorsatzes den Plan, ihn von Amateur-Ensembles realisier-
bar zu gestalten. Es ist alles gut gestützt, und die Sprünge innerhalb
der Stimmen sind fast immer ganz einfach, so daß ich glaube, es besteht
keine große Gefahr. Außerdem ist der Umfang der Chorstellen recht gering.
Kompliziert ist allerdings die Solopartie, denn ich habe dabei an meine
Freundin Rita Streich gedacht und sie eigentlich für ihren Kehlkopf kom-
poniert. Deswegen wäres es auch sehr schön, wenn Frau Streich von Ihnen
dafür engagiert würde. Ich habe heute mit ihr telefoniert, und sie würde
sich auch sehr freuen diese Aufgabe zu übernehmen. Sonst gibt es weder
Bedingungen noch Einschränkungen meinerseits, nur noch einen Wunsch,
nämlich den, daß die Uraufführung noch in diesem Jahr stattfinden könnte.*
Am allerliebsten wäre es mir, wenn das Konzert vor dem 5. November sein
könnte, weil ich dann nämlich dieses Stück auch bei der Eröffnung der
Saison der Academia Filarmonica in Rom geben könnte, wie ich es mir
eigentlich erträumt hatte, zumal die Dichterin Elsa Morante in Rom lebt,
dort ein großes Ansehen genießt und sich sehr freuen würde, wenn sie
das Stück an ihrem Heimatort hören könnte.*

Über das Honorar hat Antoinette Vischer ja schon alles gesagt, und wie
damit verfahren werden soll, kann gelegentlich ja besprochen werden; es
eilt nicht damit.*

Nun bitte ich Sie noch vielmals, ihre Frau herzlich von mir zu grüßen,
und sich von mir alles Gute wünschen zu lassen. Daphne und Coccolo della
Riscossa, die fleißig an der Partitur mitgearbeitet haben, schicken
ihre höflichsten, vierbeinigen venezianisch-pisanelli’schen Komplimente.

Ihr
hans werner henze

Apparat

Verantwortlichkeiten

Herausgegeben von
Irmlind Capelle
Übertragung
Irmlind Capelle

Überlieferung

  • Textzeuge: Basel (Schweiz), Paul Sacher Stiftung (CH-Bps), Sammlung Paul Sacher
    Signatur: Korrespondenz Hans Werner Henze

    Quellenbeschreibung

    • Dokumenttyp: Brief
    • Material

    • helles Papier
    • Umfang

    • 1 Blatt
    • 1 beschriebene Seite
    • Abmessungen: 297x210 [mm] (HxB)
    • Zustand

    • gelocht
    • Layout

    • einzeilig, kein Einzug, Rand links: 5 cm; Abstand halbe Zeile

Schreibstile

Textkonstitution

  • "-Grunewald"über der Zeile hinzugefügt, handschriftlich, Bleistift (schwarz), Sacher, Paul
  • "c/o Lüdecke"in der Zeile hinzugefügt, handschriftlich, Bleistift (schwarz), Sacher, Paul
  • "Oberhaardterweg 45"in der Zeile hinzugefügt, handschriftlich, Bleistift (schwarz), Sacher, Paul
  • "I""i" überschrieben mit "I"
  • "… in diesem Jahr stattfinden könnte."Die folgenden zwei Zeilen sind am Rand mit zwei Bleistift-Strichen markiert.

Einzelstellenerläuterung

  • "… dem Wege der Besserung befinden."Laut Paul Sacher als Gastdirigent, S. 251–253, hat Paul Sacher von Oktober 1963 bis Ende Februar 1964 mehrere Konzerte abgesagt.
  • "… für mein neues Werk interessieren."Dies ist die erste Erwähnung der "Cantata della fiaba estrema" in der Korrespondenz zwischen Henze und Sacher, da zwischen August 1962 und Januar 1964 keine Briefe überliefert sind.
  • "… in diesem Jahr stattfinden könnte."Die Uraufführung erfolgte am 26. Februar 1965; vgl. zu den Verhandlungen die folgenden Briefe.
  • "… an ihrem Heimatort hören könnte."Nach dem Bild Nr. 14 in der englischen Übersetzung von Henzes Autobiographie hat eine Aufführung in Rom stattgefunden, doch ließ sich das Datum noch nicht näher bestimmen.
  • "… werden; es eilt nicht damit."Über diese Honorarvereinbarung mit Antoinette Vischer, die 1961 die Komposition von "Six Absences" gefördert hatte, ist nichts bekannt.

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        Mit freundlicher Genehmigung der Hans Werner Henze-Stiftung (Dr. Michael Kerstan).

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