Brief von H. W. Henze an H. M. Enzensberger, September 1972
Einstellungen
Zeige Markierungen im Text
Kontext
Absolute Chronologie
Vorausgehend
- 1972-08-30: an Sacher
- 1972-08-27: von Enzensberger
Folgend
- 1972-09-03: an Enzensberger
- 1972-09-11: von Sacher
[Manuskript]
00047 Marino (Roma)
P.S.
die gespräche über die regie‡ mit Ter-Arutunian habe ich auf Kasetten-tonbänder[sic]‡ mit-
geschnitten,‡ könntest Du Dir anhören in Berlin. eine wichtige sache ist
das timing, das hatte ich völlig vergessen Dir zu sagen: wir sind
15‡
minuten über 90 minuten hinaus. Es müsste also ziemlich viel gekürzt
werden. habe New York angerufen und sie haben uns angeboten, die nächst
höhere Sendezeit zu benutzen, nämlich 118 minuten‡
– dadurch‡ damit hätten wir zu viel, ungefähr 13 minuten zu viel‡.
wir müssten also noch was hinzufügen (und in den prosaszenen recht
langsam sein, was ich sowieso gut fände, es sind ja alte leute)
darüber müsstest Du ein bisschen nachdenken. und im oktober, bei Ter-
Arutunians besuch bei Dir (mit mir) müssten wir wissen was wir tun wollen.
es gab z. b. die idee, dokumentarfilm-fragmente aus jenen alten zeiten in
Rachels prosa (der alten Rachel) einzublenden, aber ich habe erstmal gebremst.
alle entscheidungen dieser art habe ich abgelehnt und Dir überlassen. ich
muss Dich noch etwas langweilen mit der bitte, an P.H. Adler zu
00047 Marino (Roma)
übersetzung (falls Du es nicht vorziehst, dass er sie schickt, ob-
wohl ich das umständlicher und weniger gut fi‡nde) bestehe darauf!* –
in den gesprächen mit Ter-Arutunian habe ich versucht, die ganze
sache äusserst einfach, ärmlich, fabel-haft zu halten und alle
slicky tricks weg‡ draussen zu lassen, keine hollywood-töne hinein-
zulassen. aber auf diese weise ist es sehr plan, wir brauchen also
dieses meeting um von Dir zu hören was Du willst und wie Du es
siehst um es anzureichern.‡ Rouben wird skizzen mitbringen, aus denen hervorgeht wie er
es sich vorstellt, das kann alles modifiziert werden wenn Du es
für richtig hältst.
von P.H. Adler habe ich seit meinem brief an Griffiths
(anfang oder mitte
August) nichts mehr gehört, er ist wohl sauer, oder tut so, oder
versteckt sich hinter Griffiths. von dem wiederum habe ich den zusatz-
vertrag noch nicht bekommen. es scheint, ich kann keinen Regie-vertrag
kriegen, weil ich nicht in der amerikanischen regisseur-gewerkschaft
00047 Marino (Roma)
damit einverstanden. man will kein honorar dafür zahlen, weil sie
so knapp sind, aber ich habe auf einem „symbolischen“ honorar
bestanden, so zahlt man mir jetzt die flugreise (!!!) ich
lasse es mir gefallen, weil das dirigieren gut honoriert wird, und‡ aber
eigentlich ist gar nichts zu dirigieren, das dirigierhonorar wird für mich‡ als‡ so-
zusagen regie-honorar. aber ich habe es‡ noch nicht schriftlich.
noch nie habe ich wegen einer sache, wegen der einfachsten
Selbstverständlichkeiten, so viel ärger und schreiberei gehabt. zum
rasend werden. aber ich glaube wir schaffen es, weil Ter Arutunian
intelligent und hart und auf unserer seite ist, und viel unerträglicher
als wir. wir sind ja lieb und können leicht gelangweilt werden.
Wollen wir „Rachel“ jemand widmen? Martin Walser? oder
wem sonst? vielleicht niemandem. heute bin ich politisch
traurig, weiss nicht in welche partei eintreten. meine gibt es nicht,
und das sekkiert mich. ich bin faul, und halte nun das maul.
Love, hans
Apparat
Generalvermerk
Die Blätter sind in der Reihenfolge 2, 3, 1 überliefert. Da aber Blatt 2 inhaltlich direkt an Blatt 1 anschließt, wurde die Anordnung geändert. Von dem Brief ist damit nur das dreiseitige Postscriptum überliefert.
Verantwortlichkeiten
- Herausgegeben von
- Irmlind Capelle
- Übertragung
- Irmlind Capelle
Überlieferung
-
Textzeuge: Deutsches Literaturarchiv Marbach (D-MB), A: Enzensberger, Hans Magnus
Signatur: Briefe Hans Werner HenzeQuellenbeschreibung
- Dokumenttyp: Brief
- Briefpapier Henze: blaues dünnes Briefpapier, aber DinA5, La Leprara; die ersten beiden Blätter hängen noch aneinander, so dass anzunehmen ist, dass das Papier von einem Block kam
- auch hier das PINEIDER-WZ, Stegabstände: 2,3cm
- Faltung: 1x1quer
- 3 Blätter
- 3 beschriebene Seiten
- Abmessungen: 214x151 [mm] (HxB)
- Fragment. Es fehlt der eigentliche Brief, erhalten ist das P.S.
- Henze beschreibt die Blätter um 90°gedreht; Anführungszeichen unten oben
- auf Bl 3 gibt es Korrekturen und Ergänzungen von Henze mit Bleistift
Material
Umfang
Zustand
Layout
Schreibstile
-
1.Handschrift, Henze, Hans Werner, Kugelschreiber (blau).
-
2.Handschrift, Henze, Hans Werner, Bleistift (schwarz).
Textkonstitution
-
"über die regie"über der Zeile hinzugefügt
-
"Kasetten-tonbänder"sic
-
",""." überschrieben mit ","
-
"15""10-13" durchgestrichen und ersetzt mit "15", handschriftlich, Bleistift (schwarz), Henze, Hans Werner
-
Folgend: handschriftlich, Kugelschreiber (blau), Henze, Hans Werner
-
"118 minuten"in der Zeile hinzugefügt, handschriftlich, Bleistift (schwarz), Henze, Hans Werner
-
"dadurch"durchgestrichen
-
"13 minuten zu viel"in der Zeile hinzugefügt, handschriftlich, Bleistift (schwarz), Henze, Hans Werner
-
"verge"durchgestrichen
-
"i""ä" ersetzt durch "i"
-
"weg"durchgestrichen
-
"um es anzureichern."über der Zeile hinzugefügt
-
"es sei denn … 2000 dollars eintritt"über der Zeile hinzugefügt
-
"und"durchgestrichen
-
"für mich"über der Zeile hinzugefügt
-
"es"über der Zeile hinzugefügt
Einzelstellenerläuterung
-
[Rotation]Abschnitt, Text im Uhrzeigersinn gedreht (90°).
-
"… 00047 Marino (Roma) September 1972"Dieser Brief, der nur unvollständig erhalten ist, muss im September 1972 geschrieben sein, da er vor den Aufnahmen von „La Cubana“ in New York ab November 1972 liegt, Henze einen Brief an Griffith aus dem August und einen geplanten Besuch bei Enzensberger (gemeinsam mit Ter-Arutunian) im Oktober in Berlin erwähnt.
-
"… f i nde) bestehe darauf!"Ursprünglich sollte Enzensberger wegen der Übersetzung nach New York kommen, doch lehnte er dies ab, da er öffentlich bekannt hatte, dass er Amerika nicht besuchen werde, bevor der Vietnam-Krieg nicht beendet sei; vgl. hierzu Henzes Brief vom 16. Mai 1972 und Enzensbergers Antwort.
-
"als"recte "aber".