Brief von H. W. Henze an P. Sacher, 8. Oktober 1966

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[Typoskript]

Prof. Hans Werner Henze

Castelgandolfo (Roma)
Via dei Laghi, 18


Herrn
Paul Sacher
Schoenenberg
4133 Pratteln / Bl

Lieber Herr Sacher,

vielen Dank fuer Ihren lieben Brief vom 26. September.

Selbstverstaendlich komme ich zur Urauffuehrung des Doppelkon-
zertes
nach Zuerich und wohl auch einen Tag davor, und ich wuerde
auch gern die Einladung zum Nachtessen anlaesslich des 25-jaehrigen
Bestehens des Collegium Musicum annehmen, jedoch ist meine Lage
so*: Naechste Woche muss ich nach Dresden, um dort mit der Staats-
kapelle
ein Konzert mit eigenen Werken zu dirigieren*. In der Nacht nach
dem Konzert fahre ich nach Hamburg, von wo aus ich nach-
mittags mutterseelenallein nach Tokyo fliege, wo ich bis Mitte
November
bleiben muss. Ich dirigiere dort meine Elegie fuer junge
Liebende
mit Fischer-Dieskau anlaesslich eines Gastspiels der
Berliner Oper. Dann habe ich von Mitte November bis zu unserem
Zuercher Treffen gerade noch 14 Tage Zeit, um mich in Rom auszu-
ruhen und von meinem neuen Haus innerlich Besitz zu ergreifen, denn
das wird inzwischen schluesselfertig sein*. Das Nachtessen in Zuerich
waere dann am 3. Dezember, am 8. Dezember muss ich abends in Salzburg
sein, um dort am 9.,1o. und 11. Dezember zu unterrichten. Am 11.
geht es nachmittags nach Muenchen, wo am 12. Proben fuer ein musica
viva -Konzert am 16. beginnen.* Danach darf ich dann endlich wieder
nach Hause und dort bis Ende Januar bleiben.

Mir kaeme es jetzt nur darauf an zu wissen, was ich zwischen dem
3. und 8. Dezember mache, denn es lohnt sich da wohl kaum die
ansterngende Flugreise nach Rom. Vielleicht bleibe ich


– 2 –
einfach in Zuerich, wo Brenton Langbein inzwischen ein groesseres
Appartement mit Gaestewohnung hat, aber ich glaube, er muss nach
dem Collegium Musicum Konzert sogleich mit seiner Kammermusik-
Gruppe
auf Tournee gehen. Fuer Bircher-Benner ist es zu knapp...
Mit all diesen Schilderungen gehe ich wie eine Katze um den
heissen Brei, welcher Schoenenberg heisst. Sie haben mich einmal
in einer schwachen Stunde eingeladen, mich dort ein bisschen aus-
zuruhen*. Wenn es Sie nicht furchtbar stoert und wenn es keine
Umstaende macht: hier waere tatsaechlich eine Gelegenheit, und ich
koennte in aller Ruhe mein Muenchener Konzert durchdenken und aus-
feilen und vorbereiten...

Dies sage ich aber mit der strikten Bitte, sich keine Umstaende
machen zu wollen und vor allen Dingen unbedingt nein zu sagen,
falls auch nur die leiseste Unbequemlichkeit fuer Ihr Haus damit
verbunden sein sollte.

Mit herzlichsten Gruessen,
auch an La Signora bellissima
ed adorabile

Jhr
hans whenze

P.S.
     Valium* ist wirklich ein vin herbé comme il faut!!!

Apparat

Verantwortlichkeiten

Herausgegeben von
Irmlind Capelle
Übertragung
Irmlind Capelle; Joachim Veit

Überlieferung in 2 Textzeugen

  • 1. Textzeuge: Basel (Schweiz), Paul Sacher Stiftung (CH-Bps), Sammlung Paul Sacher
    Signatur: Korrespondenz Hans Werner Henze

    Quellenbeschreibung

    • Dokumenttyp: Brief
    • Material

    • helles Briefpapier, WZ: Extra strong Fabriano
    • Faltung: 2mal quer und 1mal längs (nur 2 cm vom rechten Rand)
    • Umfang

    • 2 Blätter
    • 2 beschriebene Seiten
    • Abmessungen: 280x220 [mm] (HxB)
    • Zustand

    • gelocht
    • Layout

    • anderthalbzeilig, keine Leerzeile nach Absatz, kein Einzug; Rand links: 3,4 cm
  • 2. Textzeuge: Basel (Schweiz), Paul Sacher Stiftung (CH-Bps), Sammlung Hans Werner Henze
    Signatur: Korrespondenz Paul Sacher

    Quellenbeschreibung

    • Dokumenttyp: Brief
    • Material

    • Durchschlagpapier
    • Kettlinien längs: 2,2cm
    • Umfang

    • 2 Blätter
    • 2 beschriebene Seiten
    • Abmessungen: 280x220 [mm] (HxB)
    • Zustand

    • gelocht; am linken oberen Rand in beiden Blättern kleine Ausreißspuren durch Entfernen von 2 Heftklammern
    • Layout

    • ohne Unterschrift und Nachsatz; linker Rand: 3,4 cm; in der letzten Zeile der 1. Seite steht noch: "ansterngende", ist aber durch Korrekturzeichen in blauem Kuli (liegendes S) korrigiert

Schreibstile

  • 1.
    Maschinenschrift.
  • 2.
    Handschrift, Henze, Hans Werner, Kugelschreiber (blau).
  • 3.
    Handschrift, Bleistift.

Textkonstitution

  • "… Dezember , am 8. Dezember"Die letzten drei Worte sind mit Bleistift eingekästelt.
  • "… da wohl kaum die ansterngende"Der Buchstabendreher ist mit Kugelschreiber von Henze mit Korrekturzeichen korrigiert. Siehe dazu auch dieselbe Korrektur im Durchschlag.
  • Folgend: handschriftlich, Kugelschreiber (blau), Henze, Hans Werner

Einzelstellenerläuterung

  • "l"angepasst zu "1".
  • "l"angepasst zu "1".
  • "l"angepasst zu "1".
  • "… jedoch ist meine Lage so"Vgl. zu dieser Auflistung von Terminen auch den Bericht in der Autobiographie, S. 271–274.
  • "… mit eigenen Werken zu dirigieren"Vgl. hierzu den Kommentar zum Brief vom 8. August 1964.
  • "… das wird inzwischen schluesselfertig sein"Vgl. hierzu die Autobiographie, S. 274f.
  • "l"angepasst zu "1".
  • "ll"angepasst zu "11".
  • "ll"angepasst zu "11".
  • "l"angepasst zu "1".
  • "l"angepasst zu "1".
  • "… am l 1 6. beginnen."Henze dirigierte am 16. Dezember 1966 im Rahmen der Reihe "musica viva" eine Konzert mit eigenen Werken, einem Werk von Richard Rodney Bennett und von Paul Dessau "in memoriam Bertolt Brecht".
  • "ansterngende"recte "anstrengende".
  • "… dort ein bisschen aus zuruhen"Vgl. den Brief vom 15. März 1965.
  • "… Valium" "Valium" wurde von 1963 bis 2015 als Beruhigungsmittel verkauft.

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        Mit freundlicher Genehmigung der Hans Werner Henze-Stiftung (Dr. Michael Kerstan).

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